Ich sage es ganz ehrlich. Der DFB-Pokal und die erste Bundesliga stehen vor der Tür und ich spüre aktuell vor allem den starken Impuls, zu fragen: Jetzt schon wieder? Was soll das Ganze? Ja, seit Ende Mai  ist da ganz oft nur die eine Aufwallung in mir, die da suggeriert, sagt, flüstert, schreit: so what? Und die zweite Liga spielt schon längst, die Vereine der ersten Liga und die internationalen Topclubs vergnügen sich parallel in einem aber sowas von total vercupten Sommerwahnsinn, unglaublich. Und das Fernsehen überträgt… alles! ALLES. Dauerfußball, Sommerwahnsinn – es ist alles einfach zu viel. Sommermärchen ist Schnee von gestern. Und dann der Zustand unserer Mutter Erde, der ständige Blick in diese von Krisen zerrissene Welt: Wer an ein Sommermärchen 2014 in Brasilien glaubt, dem ist momentan nicht mehr zu helfen. Und dazu die Hitze. Diese hat  erwiesenermaßen ganz klar negative Auswirkungen auf die Denkleistung.

Beispiel Real Madrid. Die „Führung“ dieses Großklubs, der in dieser Zeit mit Unmengen von Staatsknete – also: Deinem Geld, Spanier! Europäer! – subventioniert wird, kauft sich Gareth Bale von Tottenham für etwa plusminus 120 Millionen Euro.

Gut verhandelt, Guys, möchte man denen auf der anderen Seite des Tisches zurufen. Briten sind halt immer etwas cleverer als die kleinen Jungs da draußen abseits der grünen Insel, auch wenn´s Real Madrid ist.

Bei Real hat wohl die Hitze das Hirn der Sportverantwortlichen so dermaßen vernebelt, dass jetzt ein weiterer raumgreifender Außenstürmer neben CR7 den eh schon viel zu engen Raum auf dem Feld durch seinen Bewegungsdrang weiter verengen darf. Anders gesagt: Keine besonders kluge „Ergänzung“ des Kaders.

Und finanziell eher ein zutiefst krimineller Akt, oder?

Was macht Neapel? Was Paris? Was Barca? Na, Neymar kam, da musste man ein anderes Juwel abgeben. Ist doch klar. Ist es nicht ein ewiges Geben und Nehmen, diese Transferscheiße?

Treue Spieler gibt es nur noch beim ewigen Zweiten, dem Werksclub, Leverkusen. Respekt! Der Kader ist seit langem im Kern stabil und eingespielt. Danke, Kies, für die Verlängerung zum amtlichen Kies-Tarif!

Vereinstreue. Kontinuität. Da haben wir es wieder.

Bleiben wir noch etwas in der Hochfinanz. Kommen wir zum FC Bayern München. Wir haben Thiago gerade auch schon indirekt erwähnt. Und Bayern hat´s – zuerst mal – wirklich scheinbar klüger gemacht. Hat „nur“ 25 Millionen für Thiago Alcántara ausgegeben. Durch den einen oder anderen Abgang bis Ende August wird die Kasse zusätzlich geschont oder geschönt (je nach Sichtweise), sieht im Saldo also gut aus.

Hier, in München, liegt die Belastung eher im präsidentiellen  Vergleich. Wie ich bereits im Frühjahr schrieb: Uli Hoeneß wird nach und nach  im operativen und repräsentativen Bereich eher unwichtiger für den Club. Die Öffentlichkeit geht auf Distanz, auch Teile des Clubs,  das medial verfügbare Bildmaterial seit Mai 2013 legt diesen Rückschluss zumindest nahe.

Bayern wird sich die nächsten ein bis fünf Jahre  – in der Periode nach Hoeneß – auf der personellen Ebene wohl ziemlich erneuern, definieren, wenn nicht sogar in wichtigen Teilen neu erfinden müssen. Jupp Heynckes, der von allen geschätzte menschliche Erfolgstrainer, ist weg. Und wie lange bleibt Pep? Und wer kommt danach? Wie viel Zeit bekommt Guardiola für seine unfassbar anstrengende  Arbeit? Wie gut schafft PG es, seine eigenen Eitelkeiten, sein „ureigenes“ Spielsystem, seine eigenen Vorstellungen, eben nicht an den vorhandenen Spielern vorbei zu stark in den Vordergrund zu stellen?

Was, ist die spannende Frage bis zur Rückrunde, wird Pep wichtiger sein? Er, Pep selbst – oder die Mannschaft, der Teamgeist, sprich der langfristige Erfolg?

Und wie gut, wie clever, wie klug, wie smart, wie cool sind Sammer, Rummenigge und Co. letztlich wirklich, um diesen großen Verein – im Einklang mit den im Club in der sich anbahnenden Post-Hoeneß-Ära wohl immer einflussreicheren Großkonzernen VW/Audi, Allianz usw. und deren Macher – im Mega-Konkurrenzkampf mit den seit Jahrzehnten allein schon aus alter weltläufiger Großmacht-Tradition weltweit mega-erfolgreich operierenden Briten, den staatssubventionierten Spaniern, den stets korruptionsanfälligen Italienern, den weiteren oligarchischen Scheich-Clubs weiter an der europäischen Spitze zu halten? Wie gut, wie stark ist das Bayern-Management, wie integer darf es in diesen globalkapitalistischen, amoralischen Zeiten bleiben, sich geben, operieren?   Wie kompetent, uneitel und vorausblickend wird die sportliche Leitung arbeiten?

An Pep Guardiola hängt sehr, sehr viel. Mehr, als er momentan noch spürt und weiß, vielleicht. Vielleicht auch mehr als ihm lieb ist. Hoeneß und die Steueraffäre sind Pep bestimmt egal – er braucht vor allem gute Ergebnisse auf dem Platz und eine deutlich sichtbare Handschrift dabei. Aber Pep hat auch ein Riesen-Ego, ähnlich wie Mourinho (nur anders), und er  braucht dringend einen guten, fähigen, auch gelassenen, coolen Gegenspieler, einen, der ihn und seinen spanischen Feuereifer ausbalanciert. Kann das Sammer sein? Rummenigge?

Überall sind derzeit im Club zudem viele, fast zu viele Emotionen im Spiel. Das ist immer so während größerer Umbrüche, gerade nach einem Mega-Erfolg. Heynckes weg, Hoeneß fast weg. Bleibt zu hoffen, dass der eine oder andere in diesem erfolgsverwöhnten Club das konstruktive Denken nicht ganz einstellt und die Diadochenkämpfe den Club über die nächsten Jahre nicht lahmlegen oder sogar kaputtmachen.

Denn von ganz oben gibt es nur einen Weg weiter: den nach unten.

Der zweite Weg heißt: Kein Weg. Sich einmauern. Burg bauen. Verharren an der Spitze. Es dort oben aushalten. Alles ständig leicht modifizieren, im Wandel halten. Die in den letzten Tagen so oft zitierte Bayern-„Maschine“ am Laufen halten.

Aber irgendwann kommt halt immer einer, der ein leistungsfähigeres Modell baut.

Und das ALLES, all die bösen Presseartikel, den Erfolgsdruck, all die Intrigen, Eifersüchteleien, all das tagtägliche Dauergeschwätz um den FC Bayern München auszuhalten und „in Ruhe“ weiterzuarbeiten zu können und das auch noch im gesetzten Rahmen erfolgreich – das ist eine, nun gut, eine Illusion.

Es ist einfach kaum zu schaffen. Und warum auch? Spielen lernen, leben lernen, heißt verlieren lernen.

Bayern muss insgesamt gelassener, lässiger, lockerer werden. Und da hilft immer wieder der Blick zurück auf die andere  Wahnsinnsaison. Die von 2011/12.

Ja, Chelsea. Der BVB.

Bayern – So what, fragt sich nämlich der BVB-Fan zu recht. Und nicht nur der.

Dieser Club aus dem Pott macht nämlich fast alles richtig. Das eine Jahr Lewandowski hält die Borussia aus Westfalen auch noch aus. Klopp und Co gehen immer noch erstaunlich gelassen, locker mit dem Thema um. Das ist groß.

Und wenn die BVB-Neuzugänge einschlagen, dann sitzt der Pole halt auch mal auf der Bank, Jürgen Klopp sei dank – und wenn es nur aus edukativen, erzieherischen Erwägungen heraus so sein sollte. Hilft beim Runterkommen, Nachdenken, Einlenken. Hilft einem ganz einfach weiter.

Super, dass es sowas wie eine Ersatzbank – oder eine Tribüne für besonders aufmüpfige Spieler –  gibt, oder, ihr Ego-Shooter da draußen?!

Die Geschichte lehrt: Jeder ist ersetzbar. Egal ob Uli Hoeneß oder Robert Lewandowski.

Was Robert L. da macht, geht einfach nicht. Das ist extrem geschmacklos. Wäre ich geschmacklos, was ich jetzt probeweise auch mal ein bisserl wenigstens bin, würde ich an dieser Stelle sagen, der andere Robert würde sich im Grab umdrehen, wenn er das mitbekommen würde von dem Possenreißer Robert in seiner derzeitigen Wahl-„Heimat“ Dortmund.

Und ich wage mal die Prognose: Bayern wird einen Spieler mit diesem Charakter – den Münchnern angeblich ja immer wichtig, der „Charakter“ eines Spielers“ – zur nächsten Saison 2014/15 nicht mehr wollen. Denn bald kommt der Punkt, wo da Publikum sich zu recht fragen wird: Das können doch nicht alles seine Berater schuld sein. Da könnte der Spieler selbst doch längst einen Riegel vorgeschoben haben. Wenn er denn nur wollte.

mueller_bstuber

Bayern und Lewa – no way. Never. Vor allem, wenn Mario Mandzukic gesund bleibt. Und Thomas Müller. Starker Auftritt von MM gestern wieder gegen City. Und dann gucken wir mal, wer als Stürmertalent nach der überharten megaanstrengenden WM-Saison bei Bayern dann mal so gehandelt wird. Lewandowski – eher unwahrscheinlich…

Ja, Robert Enke, Wahnsinn, noch nicht mal vier Jahre her, unfassbar. Und, yes, we´ll never forget. Niemals. Seid also gewarnt, Profis, da draußen, überdreht  nicht zu sehr im „brutal engen Käfig Bundesliga“ (Reiner Calmund im Film „Hauptsache Fussball“) R.I.P. Robert Enke.

Am Rande: Der Autor der posthumen Enke-Biografie, Ronald Reng, ist gerade von Barcelona nach München umgezogen – sic! Immer schön am gerade aktuellen Machtzentrum des europäischen Fußballs wohnen, Reng! – hat soeben ein ganz wunderbares Buch  über „die andere Geschichte der Bundesliga“ geschrieben. Der Mann kann echt schreiben. Der ist richtig gut. Leichter, eleganter, flüssiger Stil, der dich als Leser sehr gut mitnimmt. Tolle Hintergrundinfos, tolle Anekdoten. Und viel, viel Liebe zum Spiel. Und das dafür nötige Verständnis. Mehr dazu bald mal in einer längeren Besprechung.

Tja. Und da dachte ich, der Artikel über den aktuellen Sommerwahnsinn würde kurz werden. Falsch gedacht, wie so oft 🙂

Was beim HSV abgeht, habe ich insgeheim leider fast so erwartet, aber halt nicht so krass. Das jetzt spottet jeder Beschreibung. Diesem Club hilft nur noch der Abstieg. Eine völlig verfehlte Vereinspolitik, gepaart mit einem viel zu kurzsichtigen Transfergebaren und eine, sagen wir mal, ungünstigen Kaderkonstellation, führt in eine extrem schwer aufzuhaltende Abwärtsspirale. Kein Geld – eine Situation eigentlich ähnlich der Lage in Köln.

Erfinde Dich in Liga 5 neu, HSV. Oder in Liga 3. Wie der Meidericher SV. Wie wär´s? Oder halt Liga 2, dann gegen Köln, Düsseldorf, Dresden, Fürth und, äh, Berlin (Union). Da wärt ihr in gar nicht mal so schlechter Gesellschaft.

Der BVB, Schalke, Leverkusen dagegen  –  alle auf einem guten Weg. Schalke müsste es halt dringend mal schaffen, die Verbindlichkeiten auf einen Wert unter 100 Millionen zu drücken. Wenn die Umsätze dank regelmäßiger CL-Teilnahmen stabil bleiben und der Verein mittelfristig junge Talente erfolgreich integriert, kann das was werden in den nächsten Jahren.

Oder, echt jetzt: Vielleicht wird Schalke ja wirklich mal Meister in dieser Saison?

Bayern wird anfangs schwächeln, nicht so stabil sein. Der BVB wird mit internen Lewa-Prozessen beschäftigt sein, auch nicht jedes Spiel automatisch gewinnen. Schalke müsste sich nur einen großen Vorsprung erarbeiten, bis zur Winterpause, und dann…

Okay. Jetzt also DFB-Pokal. Zwei bis fünf Erstligaclubs werden ausscheiden, und schon wird das Jammern wieder beginnen – oder das interne Frohlocken. Denn welcher Erstligaclub hält diesen Wettbewerb, der allerhöchstens und dazu höchst unwahrscheinlich, zu einer kader- und kräftezehrenden Teilnahme am recht unlukrativen  Euro League-Wettbewerb führt, schon für wirtschaftlich oder sportlich sinnvoll?

Denn der Pokal, das ist was für Zweit- und Drittligisten. Und für kleinere Bundesligisten, die die TV-Gelder einkalkulieren (müssen?). Und natürlich ironischerweise für die Topclubs wie für Bayern München (…und den BVB, vielleicht Schalke noch), um den hinteren Kaderspielern auch mal Einsatzzeiten geben zu können. Und darum gewinnt den Pokal sonst auch niemand, außer den genannten Erstligisten. Ausnahmen wie Bremen (2009, 2004, 1999), Nürnberg (2007) und Stuttgart (1997) bestätigen diese Regel. Bremen war in dieser Hinsicht auch keine echte Ausnahme, da in diesen Jahren auch breitere Kader wegen Champions League zur Verfügung standen. Dieser Status von Bremen hat sich seit 2010 leider sehr stark nach unten verändert.

Mein Tipp: Pokalsieger wird SchalkeBayernDortmund.

Der Sommerwahnsinn geht zu Ende, der Spätsommerwahnsinn beginnt jetzt erst richtig. Es kommt die WM-Saison, Leute, und alle erwarten von deutschen Team den Titel.

Alle drehen jetzt schon durch, alle Clubs, das Geschäft mit Profifußball nimmt Ausmaße an, das ist nicht mehr normal, nicht mehr gut.

Und ich selbst mittendrin, alles fließt rein, alles wird mitgenommen, alles muss wieder raus.

Okay, ich sag‘s: Ich freue mich auf die Bundesliga. Auch wenn es kaum einmal eine Chance geben wird, meinen Verein im Stadion – egal ob auswärts oder zuhause – zu sehen. Zu große Nachfrage nach Tickets.

Das ist sehr, sehr bitter. Fußball im Fernsehen wird zur Regel.  Immer nur die Glotze. Immer diese Regiefehler. Immer diese oft zu kleinen Bildausschnitte. Immer diese verdummenden Interviews. Immer diese TV-Shows drumherum. Wie das alles gezeigt wird, ist zu oft leider ein echter Alptraum.

Ein Alptraum, der einen ganzjährigen Wahnsinn verspricht.

Darum heißt mein Motto ab sofort: Liebt das Spiel! Egal, wer was wo wann wie zu wem in welche Kamera spricht.

Verfolgt das Spiel. Liebt das Spiel. Am besten live, wenn ihr denn könnt! Und bleibt friedlich bei der Scheiß-Hitze.

Euch mit euren Clubs viel Erfolg an diesem heißem, wohl viel zu heiße Wochenende.

Andreas Bach

P.S.:  Und noch ein – natürlich ganz uneigennütziger – Tipp, was man gut bei der Hitze machen kann: Sich einfach mal daheim „HAUPTSACHE FUSSBALL – JUNGE PROFIS AUF DEM WEG INS SPIEL“ anschauen, denn seit gestern ist auch der vierte Teil unserer Dokumentation bei YouTube frei verfügbar: