Warum mir Fanblock-Besuche inzwischen keinen Spaß mehr machen

Ein Gastbeitrag von Markus Foos

Soeben ist das 3:0 für meinen Verein gefallen und eigentlich müsste ich ausrasten, mich freuen und enthusiastische Lobgesänge auf den Torschützen anstimmen. Der nämlich rennt gerade vor unsere Kurve und will sich feiern lassen. Doch statt begeistert seinen Namen zu rufen, schreit mich ein glatzköpfiger Kraftklops vor mir an, ich solle gefälligst mitsingen. Einstimmen in das Schalala-Gedudel, das der Vorsänger der Ultras (= Kapo) vor fünf Minuten angestimmt hat, das seitdem als Dauerschleife durchläuft und bei dem die ungefähr 500 mitgereisten Ultras mal mehr mal weniger stimmgewaltig mitjodeln. Auch wenn zwischendrin – wie ärgerlich! – gerade ein Tor für die eigene Mannschaft gefallen ist. Die anderen 500 mitgereisten oder angereisten, weil hier wohnhaften, Fans betrachten das – wie ich – wohl mit gemischten Gefühlen. Mal singen sie mit, wenn ihnen ein Lied gefällt. Meistens lassen sie die Ultras aber einfach machen. Manch einer denkt – wohl ebenso wie ich – an alte Zeiten zurück. Alte Zeiten, in denen ein Fangesang auch mal aus der Kurve heraus entstanden ist. In dem sich die Lautstärke und Dynamik der Fangesänge an das Spiel angepasst hatten. In dem die Fans giftig wurden, wenn das Spiel giftig war und umgekehrt. Zeiten, in denen Fans ihre Mannschaft nach einem 0:1 aufgebaut haben. Indem sie den Namen des Spielers gerufen haben, der gerade das Gegentor verschuldet hat. Und ihm damit symbolisiert haben, dass sie hinter ihm stehen. Ein akustisches Schulterklopfen quasi. Heute wird die ewig währende Ultra-Schalala-Leier nicht mehr unterbrochen. Weder von einem Tor, noch von einem Gegentor. Auch nicht vom Anpfiff (das geht natürlich schon los, bevor überhaupt irgendwer auf dem Platz steht), nicht vom Halbzeitpfiff und erst recht nicht vom Abpfiff. Und damit wird es langweilig und austauschbar. Egal, in welches der 36 Profistadien man aktuell geht – überall hört man dieselben Lieder. Die fünf Minuten oder mehr in Dauerschleife vor sich hin gedödelt werden. Und damit klingen wie die ewig gleiche lautmalerische Fan-Atmosphäre, die man aus Videospielen kennt. Energisch gebrüllt werden diese Gesänge hier von niemandem mehr. Zum einen, weil sie furchtbar langweilig sind, zum anderen, weil die Hälfte der Fans im Block die Lieder gar nicht kennen. Dazu passt auch der Auftrag des Kapos heute im Block, dass wir wohl „den Text noch mal lernen müssen“. Ähm, nein.

Nun soll man mich bitte nicht falsch verstehen. Ich bin seit über 20 Jahren Fan meiner Mannschaft. Bin in der Gegend aufgewachsen, war mit 12 zum ersten Mal im Stadion, mit 14 zum ersten Mal im Fanblock. Und war vom ersten Moment an fasziniert und ergriffen von der Stimmung dort. Von der Verbundenheit zwischen Mannschaft und Fans. Von der sinnlosen und teils amüsanten Aggression, die vom singenden Mob ausging. Vom Stammesgebrüll „hier regiert der KSC!“, das dem Gegner eindeutig zeigen sollte, wer Herr im Haus war. Von der derben und simplen Unflätigkeit, mit der versucht wurde, Gegenspieler zu demotivieren („Bobic, Du siehsch scheiße aus!“). Und von teils humoresken Einlagen, wie der Spätzletüte, die neben einem Spieler des schwäbischen Gegner nieder ging mit dem Kommentar: „Da, fress, Du Spätzle-Schwob!“. Ich denke auch an den seligen Moment zurück, da meine Mannschaft gerade das 0:1 bekommen hatte und die ganze Masse wie gelähmt schien. Und ich meine Stimme hob und aus tiefster Überzeugung schrie „Auf geht’s, Karlsruh, kämpfen und siegen!“. Und die Fans um mich herum zu mir sahen, einem damals 17-jährigen Hänfling, sich meine Courage zu Eigen machten und im nächsten Moment wieder tausende Fans ihrer Mannschaft den Rücken stärkten. Ein Gefühl, das für mich unvergessen bleibt. Das aber gibt es heute nicht mehr.

Denn heute wird im Block nur noch gesungen, was der Vorsänger namens Kapo vorgibt. Der hängt mit seinem Megafon am Zaun und skandiert irgendwelche Schalala-Lieder. Die – wie gesagt – genau so auch bei allen anderen Vereinen vorkommen. Weil die Ultra-Szene der Karlsruher die Lieder bei den Schalkern klaut und die wiederum in England gestöbert haben. Und sich jeder für superkreativ hält, wenn er ein neues – am besten noch komplizierteres – Lied mit in den Block bringen kann. Genau so wird andersrum geklaut und das wird dann manchmal richtig lächerlich. Nürnberg, Hannover und Frankfurt haben beispielsweise in ihren internationalen Spielzeiten das Karlsruher „Europapokal“-Lied auf sich angewendet. Dass es da „erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom, in Kopenhagen schellt das Telefon“ heißt, diese die Gegner des KSC in der Europapokal-Saison 1996/97 waren und weder Hannover, noch Nürnberg, noch Frankfurt jemals etwas mit diesen Mannschaften zu schaffen hatten – geschenkt! Hauptsache, man hat ein weiteres Schalala-Lied, das man in Dauerschleifen durchjodeln kann. Und das überall in jedem Stadion für die immer gleiche Dämmer-Akustik sorgt.

Eines allerdings geht heutzutage gar nicht mehr – Spieler anfeuern. Heute hätten das gleich zwei Leute verdient gehabt. Rouwen Hennings, dafür, dass er gegen seinen alten Verein im alten Heimstadion getroffen und auch sonst ein bärenstarkes Spiel gemacht hat. Und Hiroki Yamada, der gleich zwei Tore zum Sieg beigesteuert hat. Hennings steht kurz nach dem Abpfiff auch alleine vor der Fankurve, der Rest der Mannschaft lässt sich noch etwas Zeit. Und die Fankurve singt gelangweilt wieder irgendeinen Schalala-Mist vor sich hin. Und der Rest – so meine ich es, in ihren Gesichtern gelesen zu haben – fragt sich, ob es wirklich so blöd wäre, den Mann jetzt abzufeiern.

Ich komme aus einer fernen Zeit, in der das Usus war. In der die Fans dazu da waren, die Spieler anzufeuern und abzufeiern. In der die Spieler die Vertreter des Vereines waren. Die Helden, die für uns in den Kampf zogen, um Ruhm und Ehre nach Hause zu bringen. Oder unsere Stammesfestung, das eigene Stadion, zu verteidigen. Und wir standen hinter ihnen und schrien sie nach vorne. Stärkten ihnen den Rücken, wenn es mal nicht so lief. Und hoben sie zum Dank in den Himmel, wenn sie uns mit Toren den Erfolg bescherten. Wir liebten sie, so lange sie auf unserer Seite waren. Und hassten sie umso mehr, wenn sie im Transferfenster die Seiten wechselten. Dafür schlug ihnen dann beim nächsten Auftritt, wenn sie im Trikot des Gegners kamen, blanke Verachtung entgegen. Und Beleidigungen. Derbste Beleidigungen. Verräter waren sie. Denn wir – davon waren wir überzeugt – waren die einzig wahren Vereinstreuen. Nicht so wie diese Söldner.

Und natürlich ärgerte man sich darüber, dass die Seiten gewechselt wurden. Und wie. Aber irgendwie möchte ich das nicht missen. Denn das ist es doch, was dem Fußball so seine Würze gibt. Dass man seine eigene Vorstellung auf einen Stellvertreter projizieren kann. Dass man diese Stellvertreter nach vorne brüllt und verehrt. Und sie verachtet, wenn sie einem den Rücken kehren. Wie das mit Liebe und Liebesentzug nun mal so ist. Und wenn es dann ein paar wirklich Treue gibt, die über Jahre und Jahrzehnte beim Heimatverein sind – dann werden das unantastbare Götter. In meiner Zeit war das zum Beispiel Gunther Metz. Ein Außenverteidiger, der in seiner Statur dem typischen Fußballfan gar nicht unähnlich schien. Und der gefühlte Äonen mit wenig fußballerischer Klasse, aber viel Ausdauer die linke Seite beim KSC beackerte. Und dafür geliebt und gefeiert wurde – egal, wie schlecht er spielte.

Heute verwehrt sich der harte Kern der Fans – die sogenannten Ultras – jeglicher Form von Spielerverehrung. Weil die Mannschaft der Star ist und man niemanden heraus heben sollte. Weil die Spieler, die man heute anfeuert, morgen doch sowieso wieder weg sind. Und das alles keinen Sinn machen würde. Wieso man dann überhaupt singt, mag man fragen. Und bekommt zur Antwort, dass man damit die Mannschaft unterstütze. Auf das Argument, dass die Mannschaft das Schalala mit der Variable Karlsruhe wohl nur schwerlich vom Schalala mit der Variable Dortmund oder Schalke oder Kaiserslautern unterscheiden könne, bekomme ich im Fanblock fast Prügel angedroht. Das ist auch verständlich. Denn im Block habe ich kein Mitspracherecht. Ich bin in den Augen der „echten“ Fans – der Ultras – ein Nichts. Ein Dahergelaufener, der sich ab und zu mal in den Block verirrt. Der nicht zu jedem Auswärtsspiel mitfährt und dort mitsingt und damit die Mannschaft unterstützt. Und als solcher ist meine Meinung auch nicht gefragt. Das wird mir sehr deutlich gemacht. Entweder man opfert sein Leben der Gemeinschaft, dem Verein und tut nichts anderes mehr oder man ist kein echter Fan. Auch wenn man genau dasselbe blau-weiße Herzblut in sich trägt, sich freut und mitleidet mit dem Verein, alle Spieler jedes Jahr beim Namen kennt, sich für jedes Spiel zumindest im Fernsehen die Zeit nimmt. Man ist trotzdem Fan zweiter Klasse gegenüber dieser verschworenen Gemeinschaft. Das hat dann aber leider nur noch wenig vom Zauber, den ich als Teenager erleben durfte. Vom wahnsinnigen Gefühl, selbst etwas angestiftet zu haben. Dem Funken, den man auf seine Mannschaft überträgt. Dieser tollen Symbiose zwischen denen da auf dem Platz und uns auf den Rängen.

Nein, wir sind heute sehr weit voneinander entfernt – der Block und ich. Die Ultras dort, eine eingeschworene Gemeinschaft. Von denen fast niemand mehr ein Trikot trägt, dafür umso mehr schwarz. Die mir mit einer Aggression ins Gesicht brüllen, dass ich mitsingen soll, dass ich Angst haben muss, dass sie ihre Wut auf mich konzentrieren und nicht auf den sportlichen Gegner. Die in ihrem Gefühl, der „Kern des Vereins“ zu sein sich so sehr von allen anderen distinguieren, dass man sich im Block alleine fühlt. Was ein Irrsinn ist, sollte ich doch hier mit Gleichgesinnten stehen. Bei Menschen, mit denen mich das Gefühl verbindet, ein Fan des Karlsruher Sport Clubs zu sein und alles dafür zu tun, diese Mannschaft nach vorne zu brüllen. Stattdessen fühle ich mich wie ein Fremdling neben diesen Ultras, die in meinen Augen nichts mehr mit der Mannschaft zu tun haben. Die Spieltermine nur noch für selbstreferenzielle Darstellung nutzen. Bei der sie zeigen können, dass sie besonders lange singen können. Und besonders toll Fahnen schwenken. Und sich darin mehr und mehr bestätigen, dass ohne sie ja mal gar nichts los wäre im Verein.

Nur schade, dass das mit dem Spiel – mit Fußball – inzwischen überhaupt nichts mehr zu tun hat. Der Kapo steht die ganze Zeit mit dem Rücken zum Spiel. Es wäre interessant zu erfahren, wie viele Tore seiner Mannschaft, die er ja so unterstützt, denn tatsächlich gesehen hat. Die Gesänge sind die gleichen – ob die Mannschaft führt oder zurückliegt. Sie werden teilweise noch nicht mal von Toren unterbrochen. Für mich feuern diese Gesänge niemanden an außer den Egos der Ultras. Und soweit ich weiß haben die keinen Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg ihrer Mannschaft.

 

Vom 4:0 sieht man leider nur ein paar Rücken

Vom 4:0 sieht man leider nur ein paar Rücken

Und so sind eben auch Block und Mannschaft getrennt. Das wird auch optisch deutlich. Nämlich durch die Fahnen, die im Block geschwenkt werden. Die ebenso wie die lahmen Dudel-Gesänge das ganze Spiel über hin und her bewegt werden. Und dabei dem halben Block die Sicht aufs Spiel versperren. Also das, worum es eigentlich geht, mal so nebenbei: das Spiel. Der Grund, wieso ich ins Stadion gehe. Um meine Mannschaft spielen und siegen zu sehen. Um zu hoffen und zu bangen. Die Stimme zu heben, wenn es spannend ist. Und auch mal Ruhe auszuhalten, wenn es nichts zu sagen gibt. Und nicht, um die Ultras beim Fahnenschwenken und Dudeln zu beobachten. Das ganze Spiel über aber wehen mir diese Stofffetzen vor dem Gesicht herum. Und zwar genau da, wo sich das Spiel abspielt. So dass ich von eben diesem Spiel so ziemlich gar nichts mitbekomme. Und nebenbei werde ich von allen möglichen Leuten angebrüllt, dass ich doch mal mitsingen soll. Es hat mehr von soldatischem Gehorsam als von echtem Enthusiasmus. Zwei meiner Freunde, die zusammen mit mir Lust auf die gute Stimmung im Auswärtsblock und auf ein tolles Spiel hatten, verabschieden sich vorzeitig mit dem Vermerk, dass sie ja „eh nichts vom Spiel sehen können“.

Ich frage also den Fahnenschwenker, was das soll, wieso man diese Fahne denn unbedingt das ganze Spiel über schwenken müsse. Ob irgendjemand davon schneller rennen oder ein Tor mehr schießen würde. Darauf wird mir zur Antwort gegeben, dass es mit Fahne aussehen würde, „wie wenn hier was los wäre“. Die Frage, ob es nicht schöner wäre, wenn hier wirklich was los wäre, spare ich mir. Ob es nicht ausreichen würde, wenn man das für ein paar Minuten zelebriert, ein paar tolle Fotos macht und es dann wieder sein lässt, will ich aber wissen. Bleibt ohne Erwiderung. Ob man die Fahne wenigstens irgendwo anders schwenken könnte, wo sie nicht den 500 Nicht-Ultra-sondern-ganz-normalen-Fans die Sicht versperrt. „Ich geb das weiter und klär das ab“, bekomme ich zur Antwort. Und bekomme damit einen seltenen Einblick in die Ultra-Hierarchie. Der Fahnenschwenker kann also gar nicht selbst entscheiden, wann und wie und wo er seine Fahne schwenkt. Das wird durchorganisiert. Genauso wie der ganze Support hier durchorganisiert wird. Es wird nur gesungen, was der Kapo vorne mit dem Megafon durchgibt. Und das ist Einheitsbrei. Spieler werden nicht angefeuert, denn das wäre individualistisch. Und das Ganze muss den Eindruck machen, dass hier „richtig was los sei“ – ansonsten wäre den Ultras ja die Existenzberechtigung genommen.

 

Irgendwo hinter diesen Fahnen gibt es angeblich gerade einen Eckball

Irgendwo hinter diesen Fahnen gibt es angeblich gerade einen Eckball

 

Mittlerweile ist hier übrigens sogar richtig was los. Weil die ganzen Nicht-Ultra-Fans geradezu euphorisiert sind vom Spielstand. 3:0 auswärts – das ist richtig super. Und da will keiner mehr nur das ewig gleiche Gedudel der Ultras anhören. Also werden alle möglichen alten Lieder angestimmt – allen voran das Vereinslied. Und die Ultras werden so übertönt, dass sie am Schluss mit einstimmen müssen. Und für ein paar kurze Momente wirkt es wieder so wie früher. Alle feiern zusammen und die Stimmung ist fantastisch. Dann kommen die Schlussminuten und in denen setzen sich die Hardcore-Fans dann gerne auf den Zaun. So dass alle dahinter gar nichts mehr sehen – noch weniger als mit den Fahnen. Das 4:0 fällt dann auch vom Fanblock vollkommen unbemerkt Der Kapo sieht es nicht, weil er eh die ganze Zeit mit dem Rücken zum Spiel steht. Und wir sehen es nicht, weil da eine Reihe Idioten auf dem Zaun sitzen. Dass das Tor gefallen ist, erfahre ich über den Stadionsprecher. Als die Mannschaft dann nach dem Spiel vor den Fans steht, wirkt das Ganze wie zwei Teenager beim Abschlussball. Statt aus voller Kehle die Mannschaft oder einzelne Spieler abzufeiern, gibt es versprengte Versuche des Vorsängers wieder irgendwelche seltsamen Dudel-Lieder anzustimmen. Minuten zuvor hat noch der ganze Block (nicht der Kapo) mehrfach das Vereinslied intoniert. Jetzt schauen alle im Block zum Kapo und erwarten irgendeinen genialen Einfall, was man der Mannschaft darbieten könnte. Und der ist überfordert. Er müsste ja jetzt tatsächlich mit etwas interagieren, das auf dem Platz steht. Er kann nicht seine immer gleiche Schallplatten abspielen wie der muffige Freizeit-DJ in der Dorfdisko, dem vollkommen egal ist, ob die Leute tanzen oder nicht. Den selben Ultra-Kram, der gesungen wird, egal, ob es 2:0 für uns oder 3:0 für den Gegner steht. Ob das Spiel hitzig oder langweilig ist. Nein, jetzt muss er mit etwas klar kommen, das unten auf dem Platz steht und etwas erwartet. Das steht nicht im Programm. Und Dudel-Lieder braucht jetzt keiner. Also bleibt es ruhig. Schade. Wenn man die Ultras also einmal braucht, sind sie nicht da. Hmm. Als der Verein vor sieben Jahren aufgestiegen ist, sind die Spieler immer nach einem Sieg zum Block gekommen und haben selbst Gesänge angestimmt. Oder ein Humba. Heute scheinen sie sich das nicht mehr zu trauen. Also passiert einfach nichts. Schade.

In einigen Vereinen haben sich die Ultras mittlerweile vom Verein abgewendet, weil sie sich nicht respektiert fühlten. Von den anderen Fans, von den Vereinsoberen, von wem auch immer. Ich fand es immer schade, dass die Treuesten der Treuen von den Fans derselben Mannschaft verachtet werden. Inzwischen kann ich es verstehen. Denn die Ultras, wie sie heute sind, machen keine Stimmung. Sie machen eine Anti-Stimmung. Die grundlos aggressiv ist – auch gegen die eigenen Leute. Dass beispielsweise am Anfang lautstark „asozialer KSC“ intoniert wird, wie wenn es etwas Positives wäre, zeigt schon viel vom Charakter, der dahinter steht. Das dann im Kontext der Ausschreitungen von vor zwei Wochen, als Karlsruher im Stadion von Kaiserslautern über die Ränge geklettert sind und neutrale Zuschauer verprügelt haben, hinterlässt ein sehr ungutes Gefühl.

Vor allem aber schaffen sie eine Stimmung, die langweilig und monoton ist. Die mit Fußball rein gar nichts zu tun hat. Eher mit Chorgesang. Und eine Atmosphäre im Block schafft, die weit von der Faszination weg ist, die ich als 14-Jähriger erlebt habe. Meine Kinder nehme ich jedenfalls nicht mit in den Fanblock, solange diese Ultras dort ihren selbstverliebten Ego-Trip abziehen. Wenn sie sich dann irgendwann vom Verein abgewendet haben, irgendeinen Fünftligisten unterstützen und ich und die anderen „normalen“ Fans wieder Spieler und Mannschaft anfeuern dürfen, dann sind wir dabei. Wenn die Fahnen dann woanders wehen und wir wieder sehen können, was auf dem Platz passiert, dann schreien wir unsere Jungs zum Erfolg. Ohne Megafon, aber mit viel Enthusiasmus. Versprochen!

Markus Foos