Werder Bremen stehen harte Zeiten ins Haus. Und ob Thomas Eichin die Top-Besetzung im Management ist, wird sich spätestens zur nächsten Winterpause gezeigt haben – wenn wieder mal zwei bis fünf neue Profis nachgekauft werden. Ganz egal, wie der neue Trainer heißt.

Wie man den Verein so gelungen wie soft evolutioniert, zeigt dagegen Bayer 04 Leverkusen. Spät, wenn auch sehr spät, für manche allerdings dann wieder dramatisch früh, löst dort Michael Schade Wolfgang Holzhäuser als Geschäftsführer ab. Fast schon geräuschlos auch der nun heute offiziell vermeldete Rückzug von Sascha Lewandowski  in den Jugendbereich. Dort hätte man Thomas Schaaf nach dieser langen Zeit als Cheftrainer zukünftig auch sehr, sehr gerne gesehen – in welcher Funktion auch immer.

Michael Schade hat sich im Mutterkonzern um ziemlich viele Kommunikationsstrukturen ziemlich verdient gemacht. Und seine Außendarstellung verhält sich zu der Holzhäusers wie, Stand heute, Angela Merkels zu der von Peer Steinbrück.

Warum macht Bayer das so plötzlich? Die Sportwelt mutmaßt, die elendiglichen Sponsorgeschichten rund um Teldafax, sowie der noch nicht vorhandene Brustsponsor für die kommende CL-Saison , haben WH schließlich vorzeitig am Bayer-Steuerrad das  steife Genick gebrochen. Zu hölzern kam der Leverkusener Weinliebhaber im Fußball-Palaver gar zu oft daher, wo der moderne Weinkenner heute zu viel Holz auch in teuren Rotweinen gar nicht mehr so sehr schätzt.

Stefan Kiesling brachte es neulich auf den Punkt, als er anmerkte, Bayer 04 sei ja nun eigentlich vor Schalke die neue Nummer Eins in Deutschland – hinter den neuen europäischen Intergalaktischen aus München und Dortmund, die sowieso in einer ganz anderen Liga spielten.

Nun, als Nummer Eins von Rhein und allen sonstigen Regionen außerhalb Europas  muss Bayer natürlich im nächsten Jahr  wieder versuchen, die Platzierung in unsere schnuckeligen  Bundes-Weltliga zu wiederholen. Mit dem medienerprobten Michael Schade könnte es nun auch gelingen, auf eine so kommunikative wie weltläufige statt fettnäpfig-grobschlächtige Art zumindest bis in die Playoffs der Champions League vorzudringen. Schade nur, dass mehr als das Viertelfinale für das Werksteam des  in wenigen Wochen sein 150jähriges feiernden Weltkonzerns vom Rhein nicht drin sein wird. Schade eigentlich bzw. Schade hin oder her, dass das Champions League-Final-Erlebnis von 2002 (damals Niederlage gegen die damaligen Intergalaktischen von Real Madrid) für Bayer 04 so schnell nicht wiederholbar sein wird.  Aber so what – Top acht in Europa ist für Bayer 04 doch ein ganz wunderbar ambitioniertes Ziel, oder nicht?

Zurück an die Nordsee: Wie gut sich Werder Bremen der stets blutdurstigen Öffentlichkeit in den nächsten Monaten verkaufen wird? Wir werden sehen, wer neuer Trainer wird. Enttäuschend wäre für uns, wenn Holger  Stanislawski  seine Zelte in der notorischen Pleite-Stadt Köln vorzeitig abbrechen würde, hat er doch den hoch verschuldeten, schon lange nicht mehr die Nummer Eins am Rhein darstellenden Verein aus dem grauen Nichts mit wenig Substanz auf die Top-Plätze direkt hinter die Aufsteiger geführt. Wie die Scheidung von Schaaf letztendlich vollzogen wurde, kann dem neuen Trainer zwar egal sein, war aber der feinen Bremer eigentlich nicht würdig, denn der Upper-Cut war zumindest kein sauberer Strich, beileibe nicht ganz stilsicher, wenn auch inhaltlich insgesamt nachvollziehbar, so sieht das heute auch die „SZ“:  http://www.sueddeutsche.de/sport/thomas-schaaf-verlaesst-werder-bremen-gescheitert-an-der-eigenen-sperrigkeit-1.1673393

Fazit: Der sperrige Schaaf suspendiert , der halsstarrige Holzhäuser vorzeitig havariert:  es scheint, als ob die Zeit der großen alten kantigen Medienkäuze an vorderster Front sich so langsam wirklich einem Ende zuneigt.  Es ist richtig, ja folgerichtig, dass ein Weltkonzern wie Bayer hohe Ansprüche für die Außendarstellung nicht nur im Mutterschiff, sondern auch im kleinen Bayer 04-Bötchen verwirklicht haben möchte. Rudi Völler bleibt ja so unangreifbar wie erhalten, er garantiert weiterhin für den sportlichen Stallgeruch.  Werder Bremen, strukturell und medial randlagiger situiert und im Vergleich zu Bayer im Rangeln um die internationalen Startplätze eher benachteiligt, muss jetzt schauen, wie es mit einem noch leicht fremdelnden ex-Eishockey Geschäftsführer und einem doch gelinde gesagt etwas sehr traditionell denkenden Präsidium die nächsten Jahre sportlich halbwegs gesund  übersteht. Philipp Selldorf, „SZ“-Autor,  hat die Lage Werders  in unserem dritten ENG AM BALL-Talk zur Lage der Bundesliga sehr treffend ausgeführt: http://www.youtube.com/watch?v=0u3EeQRfBos

Den eins ist klar: Wer auch immer als neuer Trainer hinter Urgesteinen wie Schaaf  jetzt nachkommt, wie auch immer der Mann heißt – er wird es schwer haben, und mit ihm der ganze Verein.

Schaaf hat bislang nirgendwo anders gewirkt als in Bremen. Jetzt hat er seinen Platz binnen Stunden geräumt. Das ist kein guter Abgang. So wird es schwer sein, ihn für welche Aufgaben auch immer a  zu begeistern und b) zurückzuholen. Zum Beispiel im Duett mit Torsten Frings. Mit ihrem Know How und ihrer Leidenschaft für den Verein müssten eigentlich beide Personen bei Werder Bremen eingebunden bleiben oder werden, um den Verein wieder an die Top Sieben der Bundesliga heranzuführen und hier strukturell richtige Prozesse anzustoßen, Stichwort Jugendarbeit und so weiter.

Die gut situierten, bisweilen jovialen, zu selbstzufriedenen Leverkusener werden, dank ihrer treffsicheren Botschafter Stefan Kiesling und Michael Schade, auch kleinere Erfolge in Zukunft viel leichter ganz groß verkaufen können als die allzu kantigen, trockenen  Jungs von der grünweißen Waterkant. Wollen wir hoffen, dass Werder nicht ein ähnliches Schicksal blüht wie dem Hamburger Sportverein, aus dessen Umgebung wir seit längerer Zeit vieles Buntes, Unseriöses, Chaotisches und auch viel zu viel Unsinn hören und sehen konnten, nur nicht wirklich schönen oder guten Fußball.

Andreas Bach